Krebsvorsorge im Lockdown: 8 Antworten auf 8 dringende Fragen

Viele Risiko-Patientinnen und -Patienten sind verunsichert, was sie während der Pandemie für ihre Gesundheit tun können – und müssen.

Doris Kiefhaber, die Geschäftsführerin der Österreichischen Krebshilfe, im Interview über die wichtigsten Informationen zu Arzt-Besuchen und Krankenhaus-Terminen in Zeiten von Corona.

Schau auf dich! Speziell für Risikopatienten und ältere Menschen ist dieses Motto in der Corona-Zeit eine Herausforderung. Wir haben mit Doris Kiefhaber, Geschäftsführerin der Österreichischen Krebshilfe, darüber gesprochen, was man trotz Pandemie für seine Gesundheit tun muss und wie man das Ansteckungsrisiko minimiert. Die zwei wichtigsten Tipps: Reden Sie mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt. Und vertrauen Sie Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt. Das Interview führte Claudia Altmann-Pospischek.


1.) Wie sieht es im Moment mit Vorsorgeuntersuchungen (z. B. Mammografie, Prostata-Vorsorge, Darmspiegelung usw.) aus? Sollte man diese Angebote wie bisher nützen oder lieber zeitlich nach hinten schieben, wenn es keine „Warnsignale“ gibt?

Es ist sehr wichtig, dass alle Krebsfrüherkennungsuntersuchungen, wie die Mammografie, Prostatavorsorge, Hautkrebsvorsorge, Krebsabstrich und Darmspiegelung, weiterhin in den empfohlenen Intervallen durchgeführt werden! Ich kann gut verstehen, dass viele Menschen Bedenken bezüglich einer möglichen Ansteckung mit Covid-19 haben. Aber die Ordinationen und Institute haben sehr gute Hygiene- und Sicherheitskonzepte und die Früherkennung von o.g. Krebsarten ist essenziell.

2.) Wir hören von ÄrztInnen, die Menschen dazu auffordern, ihre Vorsorgetermine wie gewohnt wahrzunehmen. Es gibt aber auch welche, die ihren PatientInnen den gutgemeinten Rat mit auf den Weg geben: „Kommen Sie nur in dringenden Fällen in die Praxis“. Das alles schafft Unsicherheit. Was ist hier der beste Weg?

Ich kann gut verstehen, dass das verwirrt. Wichtig ist, dass hier genau abgewogen wird. Die behandelnden ÄrztInnen kennen ihre PatientInnen gut und wissen, ob es sich um Risikopatientinnen in Bezug auf Covid-19 handelt oder nicht. KrebspatientInnen sind z.B. gemäß Verordnung RisikopatientInnen und nur die behandelnden ÄrztInnen können hier individuell eine Antwort geben, welche Untersuchung in der derzeitigen Situation notwendig ist und welche ohne therapeutischen Nachteil verschoben werden kann oder sollte.

3.) Welche Vorsichtsmaßnahmen sollten generell bei Arzt- bzw. Krankenhausterminen eingehalten werden? Worauf sollten die Menschen achten?

Im Prinzip reichen die bekannten Sicherheitsmaßnahmen: Mund-Nasen-Schutz tragen, Abstand halten und Hände waschen. Sollten hier spezielle Sicherheitsmaßnahmen notwendig sein, wird der behandelnde Arzt/Ärztin entsprechend informieren.

4.) Viele Menschen haben Angst, dass wichtige Krebs-Operationen und -Behandlungen aufgrund der hohen Covid-Zahlen verschoben oder gar gestrichen werden. Was können Sie diesen Menschen mit auf den Weg geben?

Seit Beginn der Pandemie waren wir in Österreich in der glücklichen Lage, dass nur jene Operationen/Behandlungen von KrebspatientInnen verschoben wurden, die keinen therapeutischen Nachteil hatten. In sehr vielen anderen Ländern war das bedauerlicherweise anders. Auch im Moment funktioniert die therapeutische Betreuung von KrebspatientInnen noch sehr gut. Wir hoffen sehr, dass dies auch so bleibt, aber die Situation in den Spitälern wird von Tag zu Tag dramatischer.

Claudia Altmann-Pospischek und Doris Kiefhaber

5.) KrebspatientInnen, vor allem jene mit therapiebedingt geschwächtem Immunsystem, zählen zur besonders schützenswerten Gruppe. Was können Sie konkret tun, um ihr Ansteckungsrisiko zu minimieren? Welche Vorsichtsmaßnahmen sind ratsam?

Nicht alle KrebspatientInnen tragen ein höheres Risiko, im Falle einer Infektion mit Covid-19, einen schwereren Verlauf befürchten zu müssen. Per Verordnung wurde definiert, dass alle Menschen, die sich in den letzten sechs Monaten einer Chemotherapie und/oder einer Strahlentherapie unterziehen mussten und alle Menschen mit einer metastasierten Krebserkrankung zur Risikogruppe gehören. Aber auch hier kommt es darauf an, unter welcher spezifischen Therapie der Patient/die Patientin sich befindet. Ist es eine immunsuppressive Therapie gibt es ein höheres Risiko. Im Detail kann das nur der behandelnde Arzt individuell beantworten. Besondere Sicherheitsmaßnahmen – außer den bekannten – gibt es nicht. Wir empfehlen, verstärkt darauf zu achten, Abstände einzuhalten und Menschenmengen auch im Freien zu meiden.

6.) Sollte ein/e KrebspatientIn sich mit dem Virus anstecken, so bedeutet das nicht „das Ende“. Was sind hier Ihre Erfahrungen? Wie gehen Krebs-PatientInnen mit dem Virus am besten um? Haben Sie Tipps?

Es gibt leider dazu noch keine aussagekräftigen Daten. Aber von den Rückmeldungen unserer PatientInnen wissen wir, dass das sehr unterschiedlich verläuft. Es ist noch kein „Muster“ zu sehen aus dem man schließen könnte, dass gewisse Krebs-Patientinnen schwerere Verläufe haben als andere KrebspatientInnen.

7.) Wir hören immer wieder, dass aufgrund der Corona-Krise Krebsforschungsprogramme eingestellt bzw. gestoppt wurden. D. h. PatientInnen müssen länger auf neue Medikamente warten. Können Sie uns darüber etwas erzählen?

Ich würde nicht sagen, dass die Programme eingestellt wurden aber verlangsamt. Erst kürzlich hat die Ärztekammer darauf aufmerksam gemacht, dass sich die Covid-19-Situation in manchen Aspekten auch auf medizinische Forschungsprojekte niederschlägt. Vor allem dort, wo in der klinischen Forschung viele Patientenkontakte notwendig sind, sei manches ausgebremst, weil ÄrztInnen mitunter anderes zu tun haben. Aber abgesehen von Covid-19 erleben wir leider schon seit vielen Jahren einen Rückgang der klinischen Forschung in Österreich. Das hängt vor allem mit den fehlenden Mitteln einer staatlichen Forschungsförderung zusammen.

8.) Zum Abschluss: Wir haben „Movember“, der Monat, der an die Prostatauntersuchung erinnern soll, steht. Wann sollte „Mann“ zur Vorsorge und was wird da genau gemacht?

Mit unserer Loose Tie-Aktion (der gelockerten Krawatte) wollen wir Männer daran erinnern, dass es sehr wichtig ist, sich Zeit zu nehmen und regelmäßig ab dem 45. Lebensjahr eine Prostatakrebs-Früherkennungsuntersuchung durchführen zu lassen. Dabei wird der PSA-Wert bestimmt, eine Ultraschalluntersuchung und eine Tastuntersuchung durchgeführt. Männer, deren Brüder und/oder Väter an einem Prostatakarzinom erkrankt sind/waren, weisen ein doppeltes Risiko auf, im Laufe ihres Lebens ein Prostatakarzinom zu entwickeln. Diese Männer sollten mit der Prostata-Vorsorgeuntersuchung bereits ab dem 40. Geburtstag beginnen.

Infos zur Krebsvorsorge:

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